Villabrille
Großmeister Floro Villabrille ist der ungeschlagene Champion der beiden philippinischen Stockkampfstile Escrima und Kali. Er gewann bis Ende der vierziger Jahre unzählige, so genannte Todeskämpfe in Australien, auf den Philippinen und Hawaii. Schutzkleidung kannten die Kämpfer der dreißiger Jahre nicht. Die harten Vollkontakt-Kämpfe wurden auf einer kleinen quadratischen Fläche ausgetragen. Rechts wurde der Rattanstock gehalten, mit der linken Hand schlug man. Die Gegner traten und schlugen sich oder schleuderten sich gegenseitig zu Boden, bis einer der beiden tot oder zumindest kampfunfähig war.
Floro Villabrille wurde am 18. Februar 1912 auf den philippinischen Inseln in dem Ort Cebu geboren. Bereits mit 14 Jahren begann sein Kampftraining, er lernte bei seinen Onkeln Eskrima und sein Großvater lehrte ihn Kung Fu. Doch er wollte mehr und so bereiste er die philippinischen Inseln, um verschiedene Meister und ihre Kampfstile kennen zu lernen.
Drei Meister beeinflussten ihn besonders stark. Es waren sein Onkel Leonco Villangao, Pio von den Masbate Inseln und Princess Josephina von Gandara, Samar.
Princess Josephina war seine Favoritin. Sie war eine außergewöhnliche Lehrerin, denn sie kämpfte ohne Augenlicht. Die Tochter des Dorfoberhaupts von Gandara war von Geburt an blind. Aber bevor er mit seiner Großmeisterin die ihm bis dahin völlig unbekannte Kampfkunst Kali trainieren durfte, musste er einige Hürden nehmen. Seine Loyalität und seine Ernsthaftigkeit wurden geprüft. Als er seiner blinden Meisterin vorgestellt wurde, war er zunächst pikiert, doch seine Vorurteile wandelten sich schnell in Respekt. Sie hatte einen besonderen sechsten Sinn entwickelt, welcher es ihren Gegnern schwer machte. Josephina konnte fühlen aus welcher Richtung und welchem Winkel die Angriffe kamen. Villabrille war fasziniert von ihrem Können und lebte zwei Jahre auf der Insel, um von ihr unterwiesen zu werden.
Mit 17 Jahren gewann er seinen ersten Todeskampf in seiner Heimat. Bis zum vierten Juli 1933 blieb er auf den Philippinen. Sein letzter Gegner war der Moro Datu (Prinz) der Insel Mindanao, Elario Eran. Elario kämpfte im Silat-Kuntao Kampfstil und war ein besonders berüchtigter Gegner. Villabrille wurde vor seiner Schnelligkeit und Klasse gewarnt und man riet ihm den Kampf abzusagen, doch er ignorierte die Ratschläge. Für ihn stand die philippinische Meisterschaft auf dem Spiel. Der Prinz war sehr gut ausgebildet und bis zur dritten Runde schenkten sich die Gegner nichts.
Dann spürte Villabrille einen schweren Hieb gegen seinen Schädel, doch zeitgleich traf sein Bahi-Stick den Nacken des Gegners so unglücklich, dass er sofort mit gebrochenem Genick zusammenbrach. Dieser Todeskampf machte ihn zum philippinischen Großmeister der Kampfkunst. Die Auszeichnung wurde ihm durch den U.S Governor-General Frank Murphy überreicht. Noch im gleichen Jahr verließ er die Inseln und machte sich per Schiff auf den Weg nach Oahu, Hawaii später ließ er sich in Kaui nieder.
Dort bestritt er noch viele weitere Kämpfe. 1948 kämpfte er seinen letzten Kampf, danach wurden die Todeskämpfe verboten. Villabrille vereinte sein Wissen über die verschiedenen philippinischen Kampfstile und seine Kampf Erfahrung in seinem „Villabrille System of Kali“. Sein erster Schüler und Nachfolger Großmeister Ben Largusa systematisierte den Kampfstil und vervollständigte Villabrilles System mit philosophischen Aspekten. Das Villabrille-Largusa Kali System wird heute gelehrt.
In einigen Teilen der der Philippinen verehrt man Villabrille noch heute als Nationalheld. In seiner Geburtsstadt Cebu findet man im Stadtmuseum seine Auszeichnung zum Großmeister der philippinischen Kampfkunst. Das Original hängt dort direkt neben der Statue Lapu Lapus, der durch sein geglücktes Attentat auf Magellan die weitere Invasion der Spanier aufhielt.
1992 verstarb der Großmeister im Alter von 79 Jahren. Er hinterließ seine Ehefrau Trining und seine drei Söhne Kenneth, Floro Jr. und Ralph.
Largusa
Großmeister Ben Largusa war der Erste, der Kali in Amerika bekannt machte. Bei den internationalen Karatemeisterschaften 1964, die in Long Beach, Kalifornien stattfanden, zeigte er dem amerikanischen Publikum eine Vorführung der völlig neuen philippinischen Stockkampfkunst. Zu den Zuschauern zählten einige Kampfsport Stars wie Bruce Lee, Ed Parker, Dan Inosanto und Jhoon Rhee.
Schon als kleiner Junge lernte der 1926 in Kaui, Hawaii geborene Largusa diesen außergewöhnlichen Kampfstil kennen. Er beobachtete die philippinischen Einwanderer in seiner Heimatstadt, wie sie mit ihren Stöcken kämpften. Sein Vater brachte ihm dann die ein paar Grundlagen bei. Doch die erste richtige Ausbildung erhielt er durch seinen Lehrer Augustine, einem Escrima Meister. Als Largusa 1945 zur Armee ging, legte er zwar das Training der philippinischen Kampfkunst auf Eis, aber lernte dort unter anderem Judo und Boxen.
Als Largusa 1951 nach Kaui zurückkehrte, hatte der 25jährige das Glück, ein Schüler von Großmeister Floro Villabrille zu werden. Der damals 39jährige war auf dem Zenit seines Erfolgs und seit sieben Jahren ungeschlagen. Er bekam Einzeltraining und Largusa musste seinem Meister versprechen, die tödliche Kampfkunst nur an seine Söhne weiterzugeben. Kali war ein gut gehütetes Geheimnis, dass nur vom Lehrer an seinen Schüler, vom Vater an den Sohn, weitergegeben wurde. Niemals unterwies man Fremde. 1958 verließ Largusa Hawaii, das Zentrum der Kali-Kultur, blieb aber in engem Kontakt mit Villabrille und trainiertem bei vielen Gelegenheiten mit seinem Großmeister.
Largusa vervollkommnte die von Großmeister Villabrille erlernte Kampfkunst Kali mit Theorie und Philosophien zu dem heute bekannten Villabrille-Largusa Kali System. Er analysierte und systematisierte die Kampftechnik auf geniale Weise. Largusa erklärte:“ Meister Villabrille beeinflusste mein Leben wie kein anderer, er öffnete mir die Augen für viele Sachen, erlaubte mir sie zu beobachten, analysieren und zuletzt zu verbessern.“
Mit der Zeit kam Largusa zu der Überzeugung, dass Villabrilles Lehre weitergegeben werden sollte. Er sah Kali als einen Teil des philippinischen Erbes. Mit Villabrilles Segen begann er 1969 einige ausgewählte Schüler, in kleinem Rahmen bei sich Zuhause in San Francisco zu unterrichten. Zu dieser ersten Schülergeneration gehörten seine Söhne Lindsey und Jerry Largusa außerdem Greg Lontayao, Mel Lopez, Tony Lamadora, Greg Rojas, Kaohu Cummings, Ted Fidel und Rick Reyes.
Großmeister Villabrille wählte Ben Largusa als seinen persönlichen Nachfolger. Er verlieh ihm 1972 den Titel Tuhan(Meister) des Villabrille Kali Systems.
1973 eröffnete Ben Largusa die erste offizielle Kali Schule in San Francisco, Kalifornien. Das erste Mal wurde Kali einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich. In diesem Jahr wurde auch „the Kali Association of America“ gegründet, der alle weiteren Schule, die das Villabrille-Largusa Kali System unterrichteten, angehörten.
1981 übertrug Großmeister Villabrille an Ben Largusa die Lizenz und das alleinige Recht, die Kampfkunst Kali in seinem Namen weiterzugeben und das Villabrille-Largusa Kali System zu fördern.
Nach Villabrilles Tod 1992, folgte Tuhan Ben Largusa ihm als Großmeister des Villabrille-Largusa Kali Systems. 1994 ernannte Largusa Professor Mel Lopez zu seinem sein Nachfolger und verlieh ihm wiederum den Titel Tuhan (Meister). Nach Villabrilles Wünschen gibt es immer nur einen Großmeister und einen Meister.
Heute lebt Großmeister Ben Largusa mit seiner Frau Philomena auf Kauai, Hawaii. Er unterrichtet derzeit nur auserwählte Gruppen, aber er kommt häufig zurück und unterrichtet gemeinsam mit Tuhan Mel Lopez.
Prof. Lontayao
Professor Greg Lontayao Jr. wurde am 2. Mai 1937geboren.
Sein Weg in den Kampfsport wurde von seinem Vater, Graciano Lontayao Sr., beeinflusst. Er wurde 1907, auf einem kleinen Visayas-Insel Paradies, genannt Siquijor auf den Philippinen, geboren. Die Spanier nannten es „Isla-del Fuego“, die Insel des Feuers.
Die Europäer reisten dort hin, um über die Mangukukulam oder Heiler und die Zauberei und die heilenden Kräfte, die sie besaßen,
zu schreiben.
Die Leute von Siquijor lieben Musik und Sayau (Tanz). Graciano Sr., ein Escrimador -Meister, erzählte einmal eine Geschichte über sich:
Als er ein kleinen Jungen war, spielte er mit Stöcken und boxte mit Freunden;
es war in einer bestimmten Nacht, an einem Tag wie Karfreitag, an dem die Menschen von Mitternacht bis zur Dämmerung wach bleiben. Gracianos Ziel war es, nach Kalifornien zu ziehen und dort in eine Schule zu gehen, doch das Schicksal verlief anders, 1920 zog er nach Haii, wo er seine Familie gründete. Als Graciano Lontayao Jr., ein Junge war, wurde er von seinem Vater gewarnt,
„Wenn Du je heulend nach Hause kommst, werde ich persönlich Dich schlagen.“ Graciano Jr., war gerade 14, als er in eine Judoklasse an der Ewa -Turnhalle in Ewa, Hawaii eintrat. Seine Lehrer waren Sensei Watanabe, Sensei Abe, Sensei Ventura, Sensei Friatas und Sensei Ben Palacio. Er lernte auch Aikido bei Sensei Sugai und Sensei Yoko.
Aufgewachsen und geboren in Ewa, Hawaii, brachte ihm hier Akzeptanz und Annerkennung von vielen Kampfsportlehrern,
die von überall herkamen. Ewa war ein Platz, wo sich viele Menschen aus Übersee ansiedelten, sie brachten ihre verschiedenen Kampfsportarten mit. 1950 war es nicht leicht, Kampfsport zu lernen. Die Kunst war viel disziplinierter und auch heftiger.
Fragen und Beschwerden wurden als Zeichen der Schwäche gesehen. Während des Trainings und des Boxens gab es oft gebrochene Knochen.
In einem Dorf mit Namen Bananen-Lager, begann Graciano Jr., seine Boxkünste von den Lehrern Ben Apostadairo, Richard Choi, Frank Lagon und Respicio zu lernen. Als Teenager musste er weiter zur Schule gehen, wenn er den Kampfsport und andere Sportarten fortführen wollte. In seinen späteren Schuljahren leitete er das Basketballteam des Wipahu Gymnasiums, machte es zur besten Mannschaft und wurde so ein All Star Player. Er lernte Kempo Karate bei CHA-3 bei den Professoren Marino Tiwanek und Kaji-Kumi Karate und Meister Raymond Tobosa. Meister Tobosa und Sensei Lontayao nahmen Teil an einem Seminar auf Hawaii von Meister Mas Dyama aus Japan.
1963, nach 9 Jahre Studium bei Meister Tobosa, erhielt er den schwarzen Gürtel 5ten Grades. Großmeister Fred Lara,
„Master of Internal Poison Hand System“ und ranghöchster Inhaber des roten Gürtels von Großmeister William K.S. Chow,
nahm ihn als seinen Schüler; hier lernte er viel dazu und wurde ein Sensei (Rokudan), schwarzer Gürtel 6ten Grades, in der Shiki Shin Funi Vereinigung auf.
Etwa zur gleichen Zeit eröffnete Sensei Lontayao eine Schule in der Nähe von San Francisco. 1964 trat er in die Schwarz-Gurt Gemeinde ein und kämpfte mit Dan Inosantos, dem er um einen Punkt unterlag. Bei dem Turnier, was auch Ed Parkers erste Internationale Meisterschaft war, konnten viele eine Demonstration der Professoren Ben Largusa, dem gegenwärtigen Kali Großmeister und dem legendären Bruce Lee’s Jeet Kune Do sehen. An diesem Tag erfuhr Sensei Greg Lontayao erstmals von Kali.
1967 traf Sensei Greg Lontayao den Großmeister Ming Lum, der ihn später in Kung-Fu einwies. Er nahm Stunden in White Crane bei Sifu Quinton Fong und Sifu Ma, in San Franciscos Chinatown. Auf Empfehlung von Großmeister Ming Lum, reiste er nach Hong Kong, um dort auf Großmeister Kwock zu treffen. 1972 taten sich Sensei Lontayao und Professor Ben Largusa zusammen und eröffneten in San Francisco die erste kommerzielle Schule für Kali. Sie lehrten dort das legendäre Kali-System des verstorbenen Großmeisters Villabrille /Largusa. So lernte und lehrte er unter demselben Dach.
Professor Ben Largusa wählte ihn zu einen seiner ersten 12 Kalischüler. Professor Lontayao erhielt am 18. Februar 1978 den Titel Guro Lakang Tolo 3. Grades und den Titel Guro Lakang Lima 5. Grades; am 18. Februar 1983 wurde er Lakang Onom 6. Grades; am 1. Oktober 1984 nannte man ihn Lakang Pito 7. Grades, um dann endlich am 14. August 1994 den höchsten Rang, den eines Professors von der Villabrille/Largusa Kali-System, zu erhalten. Professor Greg Lontayao, jetzt 64 Jahre alt, lebt in Ewa, wo er auch aufwuchs. Auch wenn er von seiner Professur in der Lontayao Gemeinde zurück trat, wird er immer aktiv bleiben in der Beratung und Förderung des Kampfsportes.